Das Gesicht Chameraus hat sich völlig verändert
Chamerau. Erst in den letzten fünf Jahrzehnten erfuhr der Ort Chamerau einen enormen Zuwachs. Einen Rückblick, wie es früher im Dorf aussah, bieten Chroniken, aber auch Aufzeichnungen aus Gerichtskonskriptionen oder einem Hofanlagenbuch von 1760.
Um die Mitte des 15. Jahrhunderts verarmte das Geschlecht der Chamerauer, und weil die Herrschaften ihrem aufwendigen Leben nicht mehr ausgiebig frönen konnten, verlegten sie sich, wie andere Edelleute dieser Zeit auch, gelegentlich auf den Straßenraub“, so ein Bericht über jene Epoche. Ein Schelm aber wäre, wer den enormen Aufschwung, den der Ort genommen hat, den Aktivitäten dieser Vorfahren zuschreiben möchte. Er resultiert vielmehr aus baulichen Zuwächsen der zurückliegenden vier Jahrzehnte, der das Gesicht des einstigen Kernortes weitgehend verändert hat.
Erstmals urkundlich erwähnt werden Lengau (so der alte Name für Chamerau) und die Chamerauer Ritter schon 1019 in einem Turnierbuch aus Trier. Ihre Geschichte ist eng verbunden mit der Gründung des frühkirchlichen Mittelpunktes Chammünster und der Markgrafschaft Cham. Namen des weit verzweigten Geschlechtes der Chamerauer sind über 300 Jahre in Schriftstücken des unmittelbaren Heimatbereiches und darüber hinaus auch in solchen der bayerischen Herzöge zu finden.
„Die von Cammeraw mit der roten Wilden Saw“
Seine Glanzzeit fällt in die Zeit, als Albrecht I (geboren 1337) bei der Teilung Bayerns, im Jahre 1353, Herzog von Straubing-Holland wurde. Nachdem er seine Regierungszeit (1353-1358) aber meistens außerhalb Bayerns verbrachte, lag die Verwaltung von Niederbayern-Straubing viele Jahre in den Händen der Chamerauer. Vier Brüder teilten sich die Aufgaben des Kammermeisters, des Hauptmannes in Bayern, des Viztums und des Hofmeisters. Unrühmlich fällt in der Geschichte des Geschlechtes Konrad der Chamerauer auf, der 1347 markgräflicher Pfleger war und beim Einfall des Gegenkaisers Karl des IV. mit den Böhmen gemeinsame Sache machte, ihnen die Tore der Haidsteiner Burg öffnete, so dass ihre Heerhaufen später in der gesamten Grafschaft Cham ihre Gräuel verüben konnten.
Die Kirche von Chamerau, den Aposteln Peter und Paul geweiht, dürfte schon sehr früh entstanden sein. Aus der alten Zeit stammt noch ein Taufstein – steinerner Zeuge aus der Mitte des 13. Jahrhunderts mit seinem Apostelfries. Der Mantel des kufenförmigen Steines ist durch eine Kleeblattarkatur gegliedert. In den Flachnischen sind die Reliefs der Apostel: Petrus ist erkennbar durch den großen Schlüssel. Die St.-Anna-Kapelle zu Chammünster wurde in der Zeit zwischen 1367 und 1393 als Grablege für die Ritter von Chamerau erbaut. Hier sind auch historische Grabplatten mit dem Chamerauer Wappen im Inneren der Kapelle zu sehen. Die enorme bauliche Entwicklung, die Chamerau innerhalb von drei Jahrhunderten genommen hat, belegen aus neuerer Zeit nicht nur Bilder, sondern aus weiter zurückliegenden Epochen zum Beispiel Aufzeichnungen aus der Gerichtskonskription von 1752 und dem Hofanlagenbuch von 1760. Damals bestand die Obmannschaft Chamerau erst aus 34 Anwesen, aus einem Vollhof (Hofbauer), drei Halbhöfen (Bauernhansl, Anderlspeter, Leckerkleinbauer), zehn Viertelhöfen (Robl, Müller, Zimmermann, oberer Wirt, Alpanderl, Taschner, unterer Wirt, Hubermichl, Buberl, Brausepp), 16 Achtelhöfen (Bartl, Speigl, Kellnhofer, Maurerschuster, Krausanderl, Anderlweber, Hansgirgl, Kappenberger, Stocker, Albrecht, Schmiede, Mühlschneider, Redlbauer, Widmann, Benedikt, Schwarzgodl), drei Sechzehntelhöfen, einem Zweiunddreißigstel-Anwesen (Schul- und Mesnerhaus) und einem gemeindlichen Hüthaus.
Der Obmannschaft zugehörig wird zu dieser Zeit noch ein Anwesen des Kastenamtes Kötzting in Kollmitz geführt. Heute sind aus dieser Zeit nur noch wenige Haus- oder Schreibnamen bekannt.
Natürlich hatte der Fluss, der Regen, in früherer Zeit auch eine wichtige Rolle, vor allem aus Gründen der Verteidigung gespielt. Darauf mag auch der Standort der Pfarrkirche, mit Wehrkirchencharakter, unmittelbar an seinem Ufer, hindeuten.
Üblich war es in jenen Zeiten zudem, Flüsse als Grenzlinien zu verwenden. Das betraf Chamerau insofern bei der Steuerdistriktbildung 1808, als der linksseitige Teil dem Steuerdistrikt Zandt, der rechtsseitige Kötzting zugeteilt wurde. 1818 erfolgte die Erhebung zur Landgerichts unmittelbaren Gemeinde.
Wappenverleihung im Jahr 1970Das Regental ist altes Durchgangsland; es verbindet über das Chamer Becken und die Further Senke den Donauraum von Regensburg mit Böhmen und führt in den Inneren Bayerischen Wald. Charakteristische Steingeräte kleinerer und größerer Jägerratsplätze an vergessenen Wildpfaden, aber auch an den Terrassenkanten der Täler, Zeugnisse der Anwesenheit des Menschen schon in der Jung- und Mittelsteinzeit, erhellen heute das einst geschichtslose Dunkel, das über dieser erst verhältnismäßig spät „erschlossenen“ Landschaft zu liegen schien. Da wird bei Chamerau eine durchlochte Hammeraxt, aus ursprünglichem Schuhleistenkeil, aus dem Regenfluss gefischt, finden sich zwei Steinbeile am „Steinernen Häusl“, eines davon ein Amulettbeilchen aus kostbarem importierten Nephrit.
Noch rätselt die Wissenschaft um die aus unbekannter vorgeschichtlicher Zeit stammenden Erdställe, die Schrazellöcher, wie sie auch in Chamerau überliefert sind. Eines ist sicher: Schon lange vor der Einwanderung der Bayern waren an den Ufern des Flusses Völker und Stämme sesshaft, Veneter, Kelten, wofür die Urnamen von Landstrichen und Bergen zeugen.
„Die zu Cham gehörige Au“
Das Dorf heißt eigentlich Lengau und war einst der Wohnort eines Herrengeschlechts, welches schon früh ausstarb, wodurch wahrscheinlich der Ort an die Kamerau gelangte, und zuletzt in einem Stamm mit jener am rechten Ufer gelegenen Abteilung des damaligen Dorfes Kamerau verschmolz. Ortsnamensforscher meinen: Man hätte mit Lengau die „lange Aue“ vor sich, mit Chamerau, die zu Cham gehörige Au. Schon den bayerischen Herzögen wird mit der Gründung des Filialklosters von St. Emmeram zu Regensburg im nahen Chammünster ein kirchlicher und kultureller Mittelpunkt geschaffen, der neben der bayerischen Mission nach Böhmen auch der Festigung der deutschen Siedlung dient. Ohne Zweifel steht die Gründung der Kirche zu Chamerau-Lengau damit im engen Zusammenhang, wobei ein romanischer Taufstein ein kunstvoller Beleg frühen Bestehens ist.
Eine enorme, teilweise explosionsartige Ausweitung der Wohngebiete vollzog sich vornehmlich in den letzten fünf bis sechs Jahrzehnten, wie unsere Bildvergleiche deutlich machen, vor allem rechtsseitig des Flusses. Der Ort Chamerau bietet eine idyllische Landschaft im „Oberen Bayerischen Wald“ mit vielen Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten in der näheren Umgebung. Die Gemeinde liegt eingebettet im Regental zwischen dem Lamberg und dem Haidstein mit ihren Berggasthöfen. Das große Plus von Chamerau ist eine gute Verkehrsanbindung (Bundesstraße 85) für Berufstätige zwischen der Kreisstadt Cham und der Kurstadt Bad Kötzting sowie eine aufgeschlossene Dorfgemeinschaft mit einem aktiven Vereinsleben.