Eine Gemeinde mit "Wohlfühlfaktor"
Es lässt sich gut leben in Chamerau. Die Kurve der Einwohnerzahl zeigt nach oben. Es vergeht kaum eine Woche, in der im Rathaus keine Nachfrage nach Bauland oder Gewerbeflächen eingeht. Bäcker, Metzger, Wirtshaus, Verbrauchermarkt, Ärzte, Schule, Kindergarten, Pflegeheim, Bürgerhaus - Chamerau hat vieles, was eine kleine Gemeinde attraktiv machen. Stefan Baumgartner, der bei den Kommunalwahlen im März als einziger Bürgermeisterkandidat ins Rennen geht, hält aber nichts von Stillstand. "Wir haben vieles erledigt, aber vor uns liegt einiges an Arbeit", sagt er im Interview mit unserer Zeitung.
Herr Baumgartner, nach 2014 sind Sie auch heuer wieder der einzige Bürgermeisterkandidat in Chamerau. Wird das nicht langweilig?
Auf gar keinen Fall. Ich bin immer noch voller Elan und Tatendrang, weil noch eine Menge an Arbeit ansteht für die nächsten Jahre. Unsere Gemeinde steht sehr gut da und wenn es keinen Gegenkandidaten gibt, ist das für mich auch ein Zeichen, dass die Bevölkerung zufrieden mit meiner Arbeit ist. Ich habe noch eine Menge an Ideen, unsere Gemeinde positiv zu entwickeln. Mein Motto lautet: "Anpacken - statt immer alles besser wissen!"
Sie haben einmal gesagt, Chamerau habe einen "narrisch hohen Wohlfühlfaktor". Erklären Sie uns das.
Unsere Kommune hat alles an Naherholung und Grundversorgung, was die Menschen brauchen. Tolle Wander- und Radwege. Der Haidstein und das Regental mit Bootswandern und Naturerlebnis. Romantisch eingebettet zwischen Haidstein, Lamberg, Roßberg und Kollmitz, ist es hier einfach wunderschön. Im puncto ÖPNV haben wir Busverkehr und eine noch intakte Bahnlinie. Bäcker, Metzger, Wirtshaus und einen tollen Biergarten haben wir auch und das spricht sich einfach weit herum. Dies war auch der Tenor bei der Bürgerbefragung anlässlich der 1000-Jahrfeier von Chamerau.
Man könnte aber auch sagen, Chamerau profitiert vor allem wegen seiner guten Lage an der B85 und der Nähe zur Kreisstadt Cham.
Das ist mir zu kurz gegriffen. In unserer Gemeinde stimmen ganz einfach das Preis-Leistungs-Verhältnis und die Lebensqualität. Bauland, wenn auch sehr knapp, ist bei uns immer noch erschwinglich, obwohl wir im Mittelpunkt des Landkreises Cham liegen. Wir profitieren natürlich von der strategisch günstigen Lage zwischen der Kreisstadt Cham und der Kurstadt Bad Kötzting. Auch verkehrstechnisch liegen wir optimal an der Bundesstraße 85 und der Staatsstraße 2132. Und nach Viechtach ist es nur ein Katzensprung.
Welche wichtigen Projekte konnten in den letzten sechs Jahren verwirklicht werden?
Da sind allen voran der Neubau des Bürgerhauses mit Rathaus und der Bau der Ortsumgehung Lederdorn zu nennen. Ich denke aber auch an die Sanierung des Gemeinschaftshauses in Lederdorn. Wir haben massiv Schulden abgebaut, und das ohne Stabilisierungshilfe, FFW-Autos angeschafft, die Grundschule saniert und einen Bauernhofkindergarten als Pilotprojekt geschaffen. Erledigt sind die Sanierung von Kläranlage und Wasserversorgung. Baugebiete und Gewerbegebiet wurden erweitert. Der DSL-Ausbau läuft, die Lücke in der Wasserversorgung Chamerau-Lederdorn ist geschlossen und die Regenbrücke wurde saniert. Dass kann sich sehen lassen.
Wie steht es um die Gemeindefinanzen?
Chamerau steht so gut da wie seit 30 Jahren nicht mehr 2008, bei meiner Amtsübernahme, waren wir die Gemeinde mit der dritthöchsten Verschuldung im Landkreis Cham. Die Gesamtschulden mit Kassenkredit betrugen damals 4,4 Millionen Euro. Der aktuelle Schuldenstand beträgt 1,3 Millionen Euro. Und wir haben keinen Kassenkredit in Anspruch genommen. derzeit haben wir die höchste Finanzkraft und die höchste Einkommensteuerbeteiligung mit 1,5 Millionen Euro und Gewerbesteuereinnahmen von einer Million Euro.
Gibt es Leerstände im Dorf?
Im Vergleich zu anderen Orten Gott sei Dank fast keine. Jedoch sind der Gemeinde oft die Hände gebunden, da diese Objekte in Privatbesitz sind. Die nötige Abgabebereitschaft verschärft sich durch die Nullzinspolitik nochmals.
Was wird eigentlich aus der alten Herold-Fabrik?
Das Gebäude befindet sich in Privatbesitz und es gibt bereits eine genehmigte Bauvoranfrage für 35 Wohneinheiten. Ich hoffe, das Projekt wird bald verwirklicht, weil es eine Traumlage hat und vor allem die Innenentwicklung unserer Gemeinde stärkt.
Kommen wir zum Dauerthema Hochwasserschutz.
Ein kompletter Hochwasserschutz ist aufgrund der derzeitigen Förderrichtlinien nicht finanzierbar. Zudem müsste der Eigenanteil von rund fünf Millionen Euro auf alle Gemeindebürger umgelegt werden. Das ist einfach nicht vermittelbar.
Ganz kurz: Was sind Ihre wichtigsten Ziele für die nächsten Jahre?
Diverse Straßensanierungen, DSL-Ausbau, Ausbau der Grundschule zur Ganztagsschule mit Mensa, der weitere Abbau von Schulden, eine Bauhofhalle, Ausweisung von Bauland, Schaffung einer Ortsmitte für Lederdorn und betreutes Wohnen bzw. Kurzzeitpflege anbieten. Weiter Wasser- und Kanalisierungen, der Ausbau des Radwegenetzes, die Förderung der Vereine und des Ehrenamts sowie Umweltschutz und Energieeinsparungen forcieren.
Sie haben letztes Jahr Ihr Amt als CSU-Bereichsvorsitzender für den Altlandkreis Kötzting abgegeben.
Ja, das stimmt. Aufgrund der Ämterhäufung als Bürgermeister, Kreisrat, Schulverbandsvorsitzender und Mitglied in mehreren Vereinen kam ich zur Entscheidung, dieses Amt in andere bzw. jüngere Hände zu übergeben. Ich hatte dies 2014 in einer nicht leichten Zeit für die CSU im Altlandkreis Kötzting übernommen und bin froh, mit Christoph Czakalla einen Nachfolger gefunden zu haben.
Zur Person
Stefan Baumgartner wurde 1979 in Cham geboren. Er wohnt in Chamerau, ist verheiratet und hat einen Sohn Elias. Baumgartner, der sich selber als "Vereinsmensch mit Leib und Seele" bezeichnet, ist Kreisrat, Schulverbandsvorsitzender Mittelschule Bad Kötzting und war im Jahr 2008 der jüngste Bürgermeister der Oberpfalz. Seine größte Stärke? "Ich habe immer noch viel Tatendrang und Einsatzfreudigkeit. Was ich anfange, ziehe ich auch durch. Dazu gehören eine Prise Humor und Anpassungsfähigkeit, auf Menschen zuzugehen", sagt er. Eine Schwäche? "Ich will es immr allen Recht machen. Und auch immer alles gleich sofort erledigen."