Im Morgenkreis mit Kater Socke
Chamerau. Kapuzenjacken liebt Socke ganz besonders! Da kann man sich wunderbar reinkuscheln und die Pfoten vergraben. Aber auch Morgenkreis oder Verstecken findet der schwarz-weiß gefleckte Kater cool - eigentlich alles, was mit Natur, Spielen und Gemeinschaft zu tun hat. Wie gut, dass er ein paar Gleichgesinnte gefunden hat: glückliche Hühner, neugierige Ziegen, süße Kaninchen und vor allem jede Menge zufriedene Kinder im Bauernhofkindergarten "Heimatwichtel" - dieser läuft seit September 2019 in Chamerau und ist einzigartig in der gesamten Oberpfalz.
Schlechtes Wetter gibt es nicht
Schlechtes Wetter gibt es nicht - nur die falsche Kleidung. "Heute ist es eh nicht kalt", sagt Vreni Aschenbrenner mit einem Augenzwinkern. "Alles über null Grad ist für uns schon fast warm!" Die Gruppenleiterin weiß natürlich, dass das eine der ersten Fragen ist: Seid ihr wirklich bei jedem Wetter draußen? Wird es den Kindern nicht zu kalt? Was macht ihr, wenn's regnet? "Alles kein Problem", winkt die erfahrene Erzieherin ab. Diese Sorgen sind ganz schnell aus dem Weg geräumt. Spätestens dann, wenn man die quietschfidelen Kinder sieht, die mit rosigen Bäckchen und strahlenden Augen über den Hof flitzen, im Matsch im ihren Autos fahren, Steinchen sammeln, Heu holen und Blättersuppe kochen.
Viren haben kaum eine Chance
"An der frischen Luft hält sich kein Virus und das Immunsystem wird jeden Tag abgehärtet", erzählt Aschenbrenner. Magen-Darm-Grippe, Hand-Mund-Fuß-Krankheit, Influenza-Wellen - das ist bei den Heimatwichteln eigentlich kein Thema. Ganz selten ist jemand krank. "Man kann für jedes Wetter eine passende Beschäftigung finden, außerdem gibt es ja ein kleines Häuschen, eine Rückzugsmöglichkeit, wo die Kinder auch mal ein Buch lesen oder malen können, wenn's ganz greislich ist", so Aschenbrenner. Am liebsten aber sind alle draußen: das pädagogische Team, 18 Kinder, und dazu jede Menge Hühner, Kaninchen, Meerschweinchen, Ziegen, Katzen und ein Schaft namens Erna. Bei den Namen für die Tiere durften die Kinder übrigens selbst mit entscheiden. Von Uschi bis Edeltraud ist das gesamte Repertoire an klassischen Frauennamen vertreten.
Verantwortung übernehmen
Die Kinder lernen schon ganz früh, Verantwortung zu übernehmen. Jeder hat seine Aufgaben, Tiere müssen gepflegt, gefüttert und ausgemistet werden - jeden Tag, auch am Wochenende. "Da sind wir auf die Unterstützung der Eltern angewiesen", sagt Aschenbrenner. Dienste wurden eingeteilt, am Samstag und Sonntag kommen die Familien mit den Kindern zum Bauernhof, um die Tiere zu versorgen. "Wir sind zu hundert Prozent überzeugt von diesem Konzept", sagt Melanie Naumann. Sie ist Vorsitzende des Fördervereins für den Kindergarten und selbst Mama. Momentan müssen hier alle noch ein bisschen Pionierarbeit leisten- schließlich gibt es in weitem Umkreis keinen anderen Bauernhofkindergarten. Die Zusammenarbeit mit dem gemeindlichen Kindergarten sei ebenfalls ganz wichtig. "Wir wollen keine Konkurrenz sein - im Gegenteil." Gegenseitige Besuche, Ausflüge, Aktionen - das funktioniere sehr gut. Der Förderverein sie immer um neue Mitglieder bemüht und füllt mit verschiedenen Aktionen das Budget für die Heimatwichtel."
Kater Socke hat sich mittlerweile in den Hühnerstall geschlichen. Vielleicht will er auch nachsehen, ob Edeltraud und Uschi heute schon ein Ei gelegt haben. Zwei Jungs kommen mit einem kleinen Körbchen, machen vorsichtig die Türe auf und wühlen im Stroh nach einem Ei - sie finden sogar zwei! Stolz sammeln sie ihre Beute ein und ziehen weiter. Nebenan werden Kaninchen gefüttert und Meerschweinchen gestreichelt. Eine freche Ziege stupst eines der Mädchen an, das sich fürs Ausmisten Schubkarren und Schaufeln geholt hat. "I hab jetzt nix für Di! I muss doch arbeiten", entgegnet die Kleine stolz.
Kein Streichelzoo, aber gekuschelt wird trotzdem
"Unser Kindergarten ist kein Streichelzoo", betont Evi Mannhart. "Und das wissen die Kinder - auch wenn's natürlich jede Menge Kuscheleinheiten gibt." Die Kindheitspädagogin ist Trägerin und Gesamtleiterin der Einrichtung. Sie hatte vor zwei Jahren die Idee, einen Bauernhofkindergarten im Landkreis Cham zu eröffnen. "Ich bin selbst sehr gerne draußen und finde, für Kinder gibt es nichts Besseres, als so viel Zeit wie möglich in der Natur und zusammen mit Tieren zu verbringen", erklärt sie. Der passende Platz war recht schnell gefunden, das Grundstück am Ortsrand von Chamerau, auf dem schon ein kleines Häuschen und eine Scheune standen, ist ideal. Bis es aber im September 2019 losgehen konnte, musste Mannhart jede Menge Formulare ausfüllen, Anträge stellen, Genehmigungen einholen. "Eine nervenaufreibende Zeit", blickt sie zurück. Ohne eine große Portion Idealismus und ganz viel Unterstützung durch die Gemeinde, Bürgermeister Stefan Baumgartner und die Eltern wäre das Vorhaben nicht realisierbar gewesen. Das Team hat in der Zwischenzeit auch ein pädagogisches Konzept erarbeitet. Aschenbrenner hat die Fortbildung zur Freilandpädagogin gemacht. Sie weiß sehr gut: Man kann auch alles, was die Kinder zur Vorbereitung auf die Schule brauchen, spielerisch verpacken und in der Natur vermitteln. Alle haben außerdem eine Zusatzausbildung zur Versorgung der Tiere gemacht.
Spielen, toben und Tiere versorgen
Jetzt läuft es bei den Heimatwichteln. Jeden Morgen um sieben Uhr kommen die ersten Kinder. Bestens ausgestattet je nach Wetter mit Matschhosen, festen Stiefeln, Schals, Mützen und Handschuhen. Und dann kann's losgehen: Gemeinsam spielen, Tiere versorgen, frühstücken, basteln, toben, turnen, im Morgenkreis von den Abenteuern erzählen. Und dazwischen ein bisschen Kater Socke streicheln.