Der lange Weg zur modernen Grundschule

10. August 2020: Chamerau hat eine wechselvolle Schulgeschichte, die um 1800 begann
Der lange Weg zur modernen Grundschule (4)

Der lange Weg zur modernen Grundschule

 Chamerau. Seit dem Jahr 1814 gibt es in Chamerau eine Volksschule. Dies belegt ein Dokument aus Regensburg im Staatsarchiv Landshut, datiert auf 1814. Dass die Schule aber mindestens schon seit 1799 bestanden haben muss, geht aus einem 1817 in Passau datierten Schreiben hervor. Die Erhebung des Schulprovisorats Chamerau zu einer Schulstelle erfolgte am 29. Dezember 1852.

 Frauen unterrichten

 Als erste weibliche Lehrkraft kam 1897 Maria Hofmann aus Metten nach Chamerau. Lehrermangel war auch damals ein bekanntes Phänomen, und 1911 wird die Hilfslehrerstelle in Chamerau durch die im zeitlichen Ruhestand befindliche Schulverweserin Maria Kreilinger aus Reichersdorf besetzt. Auf Maria Kreilinger folgt 1902 wieder eine Frau, Katharina Baumbauer aus Pfarrkirchen, und als Krankheitsvertretung die Schulpraktikantin Maria Mader aus Landshut.

 Ab 1. September 1905 unterrichtete die Hilfslehrerin Katharina Ankerl (aus Finsterau); sie ist noch heute in der Bevölkerung bekannt als Frau Stiehler, Gattin des Kartonagenfabrikanten Richard Stiehler. Vor 1943 musste Frau Stiehler den Schuldienst einige Jahre ruhen lassen, denn als sie 1926 heiratete, herrschte noch die Bestimmung, dass eine weibliche Lehrkraft nicht verheiratet sein durfte. Von ihr geht auch die Anekdote um, sie habe auf die Vorhaltung, es sei doch nicht klug, einen sicheren Arbeitsplatz aufzugeben, geantwortet: „Klug oder nicht, ein Gehalt ist kein Mann!“

 1907 erscheint eine problematische Gestalt: Der Lehrer Josef Waindinger aus Saulburg trat die Volksschullehrer-, Mesner- und Organistenstelle in Chamerau an. Seine Hilfslehrerin wird Schulverweserin, kurz darauf geht Waindinger monatelang in Krankenurlaub; den Dienst versehen die Schulverweserin und abwechselnd mehrere Schulpraktikanten. Dann fällt die Schulverweserin wegen Herzkrämpfen für Monate aus und wird durch Schulpraktikantinnen vertreten.

 In Gichturlaub

 Waindinger geht wieder in Gichturlaub und wird durch einen Schuldienstkandidaten vertreten. Unterrichtsausfall, ständiger Lehrerwechsel, Aushilfsunterricht, organisatorische und disziplinäre Missstände – es gibt Beschwerden der Eltern, eine rechtliche Maßnahme der Regierung, und ab 1923 ist eine Hauptlehrerin Katharina Ankerl als Schulleiterin nachweisbar. 1926 wurde der Lehrer Wolfgang Heigl Schulleiter.

 Schulleiter Georg Strixner, in dessen Amtszeit die Chamerauer Schule zur definitiven Schulstelle erhoben worden war, wirkte 19 Jahre in seinem Amt, ehe er sich offensichtlich etwas Gravierendes hatte zuschulden kommen lassen, denn er wurde strafversetzt. Und der neue Schulgehilfe Hopfner gesteht nach einer Woche, er sei vor viereinhalb Monaten in Kolmberg diszipliniert, das heißt zur Strafe in den Stand des Schulpraktikanten zurückversetzt worden. Da er jetzt wieder als Schulgehilfe wirken kann, mutet die Schule Chamerau fast wie eine pädagogische Rehaklinik an.

 Bemühungen um Neubau

 In den 1930er Jahren begann bei intensiver Zusammenarbeit zwischen dem 1. Bürgermeister Lommer, dem 2. Bürgermeister und Ortsgruppenleiter Herrnberger und dem Schulleiter und Gemeindeschreiber Wolfgang Heigl (er war nur in die NSDAP eingetreten, um seinem Projekt Nachdruck verleihen zu können) konkret die Kampagne für den Bau eines neuen Schulhauses.
Dabei machte der Ortsgruppenleiter seinen Einfluss als Parteifunktionär öfter geltend, erst recht, als er 1935 dem ins Münchner Ministerium berufenen Bürgermeister Lommer im Amt als 1. Bürgermeister folgte. Es ist zweifellos in ersterLinie seinem konsequenten Einsatz zu verdanken, dass der Schulleiter als Gemeindeschreiber seine Sachkompetenz in Schulfragen einbringen und die Dringlichkeit des Neubaus den Behörden plausibel machen konnte.

 Lazarett und Notunterkunft

 1933 begannen die Planungen für den Bau, der 1935 begann und etwa 64000 Reichsmark kosten sollte. Die Schule sah einen reibungslosen Betrieb bis 1939, als Schulleiter Heigl zum Militärdienst einberufen wurde. Lehrer Max Weingärtner sowie die Lehrerinnen Karolina Schmidt und Brunhilde Friedberger führten den Unterricht weiter, bis auch Weingärtner einberufen wurde. Frau Stiehler wurde reaktiviert. Der Unterricht wurde in den Kriegsjahren bestritten von den Lehrerinnen Schmidt, Friedberger und Stiehler sowie Lehrer Gramminger (Namensliste unvollständig). Chamerau wurde von den Kriegsereignissen durch vermehrte Gefallenen-Meldungen berührt; erst im fünften Kriegsjahr gab es örtlich Tieffliegerangriffe, die Schule wurde 1944 zum Lazarett umfunktioniert und die Flüchtlingsströme aus dem Osten machten es erforderlich, Notquartiere bereitzustellen. Die Schule wurde zweckentfremdet und diente mehr als einem Dutzend Familien als Unterkunft. Bis zur Ankunft der Amerikaner am 23. April 1945 nutztendiese Familien die Küchen der Lehrerdienstwohnungen, um ihre Mahlzeiten zu bereiten. Soweit noch ein halbwegs geregelter Schulbetrieb möglich war, fand er im Gasthaus Baumgartner statt.

 Nach der Besetzung des Dorfes durch die Amerikaner wurden die Dienstwohnungen als Quartiere der GIs beschlagnahmt. Die Familie des Schulleiters zog zu Verwandten nach Cham; er selbst bekam die Folgen seiner formalen Parteimitgliedschaft zu spüren, als er 15 Monate in Internierungslagern verbringen musste und nach einem skandalösen Spruchkammerverfahren Arbeitsverbot bekam. Unter Schulleiter Kurt Negele wurde der Unterricht in der Schule, nachdem die Besatzungstruppen abgezogen waren, am 19. September wieder aufgenommen. Ältere Einwohner Chameraus mögen sich an Namen von Lehrerinnen wie Stiehler, Wurstbauer und Lehrern wie Lippert, Gröppel, Zelzer, Kniep, Schicker, Herbst und andere erinnern.

 Reform und Umwandlung

 Bald schon stellte sich infolge der zahlreichen Zuwanderung von Flüchtlingskindern enormer Raummangel ein, der erst 1965 nach mehreren Anläufen und schwierigen Verhandlungen, durch den Anbau von zwei Schulsälen notdürftig behoben werden konnte. Das reichte nicht lange, denn die Schulreform brachte weiteren Zuzug von zirka 80 Schülern aus Lederdorn und Bärndorf und schuf erneut dringenden Raumbedarf. Erst nach weiteren 25 Jahren, 1990, konnte dieser Mangel durch neuerliche Erweiterung und den Bau einer Turnhalle beseitigt werden. Inzwischen ist die
Volksschule Chamerau zu einer reinen Grundschule mit nur vier Klassen geschrumpft – mit genügend Platz für Fachräume, Lehrerzimmer und Verwaltung. Nach dem ersten Schulleiter in der neuen Volksschule, Wolfgang Heigl, folgten die Schulleiter Kurt Negele, Emil Spitzenberger, Otto Wiener, Peter Horcher, Marianne Malzer, Gabi Rötzer und Claudia Mühlbauer, sie alle prägten in Zusammenarbeit mit den Kollegien das Bild der heutigen Chamerauer Schule und schufen, vor allem in den letzten Jahren, eine attraktive Bildungsanstalt.

Leider haben wir keinen Alternativtext zu diesem Bild, aber wir arbeiten daran.
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